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BURGHALDENTORKEL RAVENSBURG
WIE ALLES BEGANN 

Beim Burghaldentorkel handelt es sich um die älteste, noch vollständig

erhaltene Weinpresse von ursprünglich über 20 Torkeln im weitläufigen Ravensburger Rebgelände.

Durch das Gewicht und damit den Druck des Torkelbaums wurden die in einem Holzbett liegenden Trauben zerquetscht, der Saft wurde vorn in Wannen aufgefangen. Die Jahreszahlen 1591, 1694 und 1794 belegen, wie alt einzelne Teil der Weinpresse sind.

Über dem nördlichen Durchgang befindet sich noch das ursprüngliche Torkelstübchen.

 

In Ravensburg ist der Weinbau seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen.

Der Wein wurde hauptsächlich zur Deckung des bürgerlichen und kirchlich-klösterlichen Eigenbedarfs verwendet.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Weinbau weitgehend aufgegeben. Nur der städtische Rebgarten in der Schlierer Straße und der oberhalb des Torkels sind derzeit noch erhalten. Sie werden von den Ehrenamtlichen um Johannes Kiderlen bewirtschaftet.

Der Erlös geht an die Hospizstiftung Schussental.  

                                                                                                                                                   

 

WIE FUNKTIONIERTE DER BURGHALDENTORKEL ?

Jeder Torkel unterstand einem Torkelmeister, dem zwei Torkelknechte zur Hand gingen. Der Torkelmeister, an den man höchste Ansprüche stellte, wurde jährlich vereidigt.  Den Torkelarbeitern war die gesamte Traubenernte anvertraut, also die Arbeit eines ganzen Jahres. Unachtsamkeit oder Unsauberkeit konnten alles zunichte machen. Daher musste der gesamte Torkel vor Inbetriebnahme im Herbst gründlich mit Wasser gereinigt, allerStaub und Spinnweben entfernt werden. In der Torkelordnung des Jahres 1761 liest sich das so:

„Die Torkelmeister sollen auch reine und saubere Geschirr und kein ungeschmackt, übel schmöckend Geschirr gebruchen damit sie den Wein nicht übel schmöckend machen und verdürben möchtend.“ unter Androhung einer vom Rat festgesetzten strengen Bestrafung.  Alle Fässer, Standen, Bütten, Gelten, Zuber und Eimer mussten gereinigt und geschwellt werden. Dabei wurde auch der gestampfte Fußboden benetzt.

Den im Torkel Tätigen war auch eine große Verantwortung für den Torkelbaum und das vom Kübler oder Binder gefertigte hölzerne Inventar übertragen.  Wie leicht konnte bei unsachgemäßem Umgang mit Feuer und Licht ein Brand entstehen.

Ferner musste der Torkelmeister für Ordnung unter den wartenden Weinbauern sorgen; denn oft mussten die Bauern mit ihrem Lesegut stundenlang warten, während bei ihren Trauben schon die Gärung einsetzte.

Deshalb waren die Torkelmeister und ihre Knechte über einen Eid verpflichtet – solange die Presszeit dauerte – „den Torkel weder bei Tag noch bei Nacht nimmermehr zu verlassen, noch davon wegzubleiben“, weshalb es in jedem Torkel ein beheizbares Torkelstüble mit spartanischer Einrichtung gab. Ein einfacher Tisch, an der Wand schmale Bänke, die mit ihren hölzernen Kopfstützen und Laubsäcken in einfache Schlafmöglichkeiten verwandelt werden konnten.  Zwei winzige Fensterchen geben/gaben den Blick für den Torkelmeister frei auf die Spindel und den Druckstock und ermöglichten so jederzeit die Kontrolle, ohne das warme Stüble verlassen zu müssen. 

Früher machte man zunächst nur die Ganztraubenpressung, d.h. mit Stil und allem drum und dran. Irgendwann fing man damit an, die Trauben vorher zu entstilen, was zu einer viel besseren Weinqualität führte.

Dem Torkelmeister und den Knechten stand neben einem guten Lohn vier Mal täglich warmes  Essen, Licht (!) und Heizung zu. Sonst war man im Torkel jedoch einsam.  Die Torkelordnung aus dem Jahre 1761 in Lindau ordnete so verbindlich an,  dass „alle Zusammenkünfte von Leuten, die nicht zum Torkel oder Trucken gehören, sowohl der Aufenthalt der Torkelmeisterweiber, Kinder und anderen Gesindes gänzlich verbotten“ sei. Bei Zuwiderhandlung wird von einem “ Ehrbaren Rat der Reichsstadt Lindau“ eine „unausbleibliche Ahndung und Straff“ angedroht.Also streng ging es wohl zu.

 

Doch nun zum eigentlichen Pressvorgang:

Die Bezeichnung „Torkel" leitet sich vom lateinischen „torquere" = drehen ab.

Der Torkelbaum D) ruht normalerweise auf Querhölzern, die in Vorder- (2) und Hinterdocke (B) stecken. Das Querholz der Vorderdocke trägt die Hauptlast und wird einem Lasttier entsprechend Esel genannt. Der Esel und das Querholz der Hinterdocke fehlen hier, nur die Öffnungen (4 sind zu sehen. Heute wird der Torkelbaum von unterlegten Hölzern, den Schuben, getragen.

Das gestampfte Traubengut (Maische) wird auf dem Torkelbett (5) ausgebreitet und mit mehreren Lagen Brettern abgedeckt. Der noch verbleibende Zwischenraum bis zum Torkelbaum wird mit Balken, den sogenannten Bracken, die in Form einer Kreuzbeige aufgeschichtet sind, ausgefüllt. Der gelochte Holzrahmen auf dem Torkelbett dient zur Aufnahme kleiner Mengen an Pressgut.

Der Torkelbaum lässt sich durch Drehen der Spindel 6) auf und ab bewegen. Mit dem Gegengewinde im Spindellauf 7) wirkt sie als Schraube. Halt findet die Spindel in dem mit tonnenschweren Feldsteinen belasteten Schragen (8). Die Spindel wurde vermutlich aus Birnbaumholz gefertigt, die übrigen Teile der Weinpresse aus Eichenholz.

Wird der Torkelbaum vorne an der Spindel hochgehoben, kann der nunmehr entlastete Esel herausgezogen werden. Durch entgegengesetztes Drehen der Spindel senkt sich der Torkelbaum, bis er auf die aufgeschichteten Bracken zu liegen kommt.

Durch abwechselndes Heben und Senken mit der Spindel und entsprechendem Herausziehen von Schuben aus den Docken senkt sich der Torkelbaum, leichten Wippbewegungen ähnlich, weiter ab. Mit den unterseitig entfernten und auf seiner Oberseite wieder eingeschobenen Schuben wird der Baum in der Hinterdocke festgespannt. Mit seinem Eigengewicht, das zum Schluss durch Herunterziehen an der Spindel nach dem Hebelgesetz auf 10 bis 12 Tonnen vervielfacht wird, drückt der Torkelbaum das Pressqut aus. Aus dem Mostablauf fließt der Most über ein Weidensieb in einen in der gemauerten Standengrube aufgestellten Holzbottich.

Je nach Erwartung der Ausbeute und Qualität kann nach dem Umstechen des Tresters der Pressvorgang ein bis vier Mal wiederholt werden. Der erste Pressvorgang bringt die höchste Menge und die beste Mostqualität hervor.

Text: G. Tillinger

Foto Abbildung Torkelbaum.jpg

1 = Torkelbaum 2 = Vorderdocke

3 = Hinterdocke

4 = Öffnungen für Esel und Querholz der Hinterdocke

5 = Torkelbett 6 = Spindel

7= Spindellauf 8 = Schragen

9 =Mostablauf

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